Pages

Monday, August 31, 2020

Mitten in Haar - Wo ist Walter? - Landkreis München - SZ.de - Süddeutsche Zeitung

ssingkatkata.blogspot.com

Walters wahnwitzige Heldentat liegt schon sehr lange zurück. Es war eine Mutprobe, und keiner hat geglaubt, dass er sie bestehen würde. Dann aber legte unser Freund seinen Kopf in den Nacken, ließ einen Regenwurm wie eine Haribo-Schlange über seinen offenen Mund baumeln, ließ ihn fallen und schluckte ihn hinunter. Danach hatte er feuchte Augen, nicht nur aus Stolz. Für jeden, der glitschige Regenwürmer auf seiner individuellen Ekeltabelle noch über Lebertran, Wirsing und Spinat angesiedelt hat, hatte Walter Großartiges geleistet. Kein anderer aus der Gang konnte sich damals zu einer solchen epochalen Leistung aufraffen. Angsthasen halt.

Der Ekel und die Angst vor angeblich widerlichen Kreaturen martern seit undenklichen Zeiten den Menschen. Die einen kriegen allein beim Anblick einer kreuzbraven Ringelnatter Schnappatmung, anderen rast das Herz, wenn sich ihnen eine Katze nähert. Die Liste der Tierphobien ist länger als der Hals einer Giraffe. Die Arachnophobie steht dabei nicht nur aufgrund ihrer alphabetischen Sortierung ganz oben. Die Angst vor Spinnen ist weit verbreitet, jeder zehnte Deutsche leidet darunter. Und wer professionelle Hilfe sucht, der könnte sich gleich freiwillig eine Winkelspinne in die Nase schieben, denn das Zauberwort der Psychologen lautet: Konfrontationstherapie.

Der Einfachheit halber könnte am Sonntag, 6. September, der ein oder andere Seelenheiler seine Behandlungscouch in das Haarer Bürgerhaus schieben. Hier steigt an diesem Tag Deutschlands größte Spinnen- und Insektenausstellung mit dem Titel "Insectophobie". Zu den Attraktionen gehört die größte Vogelspinne der Welt, die eine Beinspannweite von mehr als 30 Zentimetern erreicht. Man dürfe sie sogar streicheln, verspricht der Veranstalter. Phobiker sollten vielleicht besser klein anfangen, zum Beispiel im "pädagogischen Streichelzoo mit Spinnen und Insekten". Einmal einer Lasiodora parahybana, angriffslustig und groß wie eine Familienpizza, mit den Fingerspitzen zärtlich über die Brennhaare fahren, wer das schafft, ist wohl geheilt.

Die Veranstalter versprechen denn auch großmundig, dass Besucher der Ausstellung "ganz nebenbei" die Angst und den Ekel vor den Tieren vergessen werden. Die Tiere selbst müssen ebenfalls nichts befürchten - außer Walter kommt und legt seinen Kopf in den Nacken.




September 01, 2020 at 02:33AM
https://ift.tt/3beVV5t

Mitten in Haar - Wo ist Walter? - Landkreis München - SZ.de - Süddeutsche Zeitung

https://ift.tt/2CRirE5
Haar

No comments:

Post a Comment