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Sunday, August 2, 2020

Haar: „Theater im Bus“ droht der Totalschaden - Merkur.de

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Josef Schwarz ist eine Institution mit seinem rollenden Theater im gelben Ziehharmonika-Bus. Keineswegs nur in und um Haar. Doch jetzt droht dem „Theater im Bus" das Aus.

  • Das „Teater im Bus" in Haar leidet unter der Coronakrise
  • Betreiber Josef Schwarz (81) fürchtet, dass Ende des Jahres Schluss ist
  • Noch hofft er auf einen Neustart.

Haar –Bis nach Flensburg und durch die neuen Bundesländer tingelt Josef Schwarz aus Haar seit 30 Jahren und spielt für Kinder Puppentheater, für Jugendliche philosophische Märchen, für Erwachsene Nestroy, Kreisler, Karl Valentin und Wiener Lieder. „Doch Corona und die mangelnde Unterstützung durch die Gemeinde zwingen mich wohl, Ende des Jahres aufzuhören“, sagte der 81-Jährige enttäuscht.

Viele negative Ereignisse kamen zusammen

In den vergangenen Jahren kamen für den in seiner Heimatstadt Graz ausgebildeten Musiker und Schauspieler viele negative Ereignisse zusammen. „Mein Bus ist ja schon recht alt, benötigt also jedes Jahr grundlegende Reparaturen. Trotz des großen Entgegenkommens durch die Firma MAN sind das jedes Mal 2000 bis 3000 Euro“, berichtet Schwarz. Viele Jahrzehnte war das finanziell kein Problem, die Sparkasse schickte ihn auf 70 bis 80 Termine im Jahr quer durch Deutschland zu Kindergärten und Grundschulen. „Dazu kamen viele große Unternehmen, die mich mit meinem Erwachsenen-Programm für ihre Firmenfeiern buchten. Das ging, so lange ich noch eine Sekretärin hatte, die den ganzen Tag nichts anderes machte als zu telefonieren.“ Die Aufträge der Firmen fielen mit der Sekretärin weg.

Unterstützung der Gemeinde habe nachgelassen

Irgendwann sei auch die Unterstützung durch die Gemeinde Haar geschwunden. Die Bürgermeister Hans Wehrberger und Helmut Dworzak hätten ihm gestattet, dass er seinen Bus auf dem großen Gelände der psychiatrischen Klinik abstellen durfte. Nach Umstrukturierungen in der Klinik habe er seinen Standplatz verloren.

Innen knallrot: Josef Schwarz in seinem Theaterbus.

© Bert Brosch

Danach sei er von der Gemeinde nur noch geduldet worden, sie habe keinen Platz mehr für ihn gehabt. Immerhin: Er habe bei der Haarer Künstlermeile immer noch auftreten dürfen, und die Gemeinde habe auch Engagements für die örtlichen Kindergärten bezahlt. „Doch schon seit zwei Jahren kam da nichts mehr. Als ich sagte, ich wollte auf der Zirkuswiese, vor der mein Bus mangels anderer Möglichkeiten auf der Wasserburger Landstraße steht, regelmäßig Aufführungen machen, hieß es aus dem Rathaus lapidar, die Wiese sei immer vermietet, das gehe nicht. Dabei sehe ich ja, dass die Wiese leer steht.“ Er finde es schade, dass Haar mittlerweile so wenig für Kultur übrig habe.

Corona droht dem rollenden Theater den Rest zu geben

Durch Corona fehlen Schwarz aktuell 35 Auftritte. In seinen Bus dürfte er jetzt nur noch maximal 15 oder 20 Kinder lassen – normal sind es zwischen 70 und 90 bei den Aufführungen. „Das lohnt sich also nicht mehr.“

Opfer von Vandalismus

Hinzu kommt, dass Vandalen zu Silvester in seinen Bus eingebrochen sind und wüteten: Vorhänge heruntergerissen, den Wechselgeld-Automat aufgebrochen, das Armaturenbrett zerstört. Dazu braucht er zwei neue Reifen. „Nur wenn ich fahre, kann ich Geld verdienen.“ Zum Glück halfen ihm private Spender sowie die Münchner Bank, die auf jede Einzelspende zehn Euro drauflegte. So kamen 4615 Euro zusammen. „So konnte ich alles wieder reparieren lassen, wäre bereit, loszulegen. Doch jetzt stoppt Corona alles.“

Schwarz hofft auf Neustart ab September

Wenn er von seinen unzähligen Auftritten für Kinder erzählt, leuchten seine Augen. „Das Adrenalin, die Freude, die Spannung, der Applaus – da fühle ich mich nach jeder Vorstellung um 15 Jahre jünger. Darum, weil ich die Schauspielerei so liebe, würde ich unheimlich gerne weitermachen.“ Doch wenn es im September nicht wieder losgeht, muss er zum Jahresende wohl aufhören. „Denn einen Nachfolger habe ich ja auch nicht.“

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Stückeschreiber, Busfahrer und Puppenspieler in einer Person

Josef Schwarz, 1939 in Graz geboren, besuchte dort die Hochschule für Musik und darstellende Kunst. Später hatte er Engagements am Wiener Volkstheater, den Münchner Kammerspielen, am Residenztheater und Volkstheater, war zuletzt am niedersächsischen Schauspielhaus engagiert. Für den BR drehte er 80 Folgen der Kinderserie „Das feuerrote Spielmobil“, spielte in Filmen und TV-Serien wie „Die Löwengrube“ mit. „Mein Ziel war immer, dass die Kinder ins Theater gehen, daher spiele ich auch nicht in Kindergärten oder Schulen, sondern will, dass die Kinder in meinen Bus kommen.“ Den ersten kaufte er vor 30 Jahren, hat ihn für viel Geld umgebaut. Mit sieben Freunden gründete er den Verein „Theater im Bus“, wovon aber nicht mehr viele Mitstreiter übrig sind. Mittlerweile macht er alles selbst: Busfahrer, Stückeschreiber, Vermarkter, Techniker, Beleuchter und Puppenspieler. Sein Bus ist ebenso wie Schwarz in die Jahre gekommen. Aber die Kinder lieben ihn, seine Stücke und das Theater im Bus. Es sollte nicht sterben. bb




August 03, 2020 at 11:00AM
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